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Mittwoch, 19. November 2014

[Leben] Ich wäre gern wie Elena


Liebe Elena! 


Ich musste neulich an dich denken. An meine Schulzeit auf der Fachoberschule, an der ich mein Abitur nachgeholt habe. Das ist nun schon fast sieben Jahre her. Ich kann es kaum fassen. Du gingst in meine Parallelklasse, warst klein und hübsch. Deine dunklen Haare mochte ich, und deine Art dich zu kleiden. So lässig und doch so süß. Ich musste dich unbedingt fragen, woher du deine Schuhe hattest. Es waren „Vans“ in schwarz, mit weißen, miteinander verbundenen Totenköpfen. Ich erinnere mich noch, wie ich mutig durch alle mir bekannten Skater-shops unserer Stadt gelaufen bin, um nach diesen Schuhen zu fragen. Nicht nur einmal wurde ich von den Verkäufern komisch angeguckt, denn ich trage keine Skaterklamotten, ich trage schwarz. Was im Allgemeinen „Grufti“ geschimpft wird – und ich hasse dieses Wort!
Sie waren unauffindbar, denn sie waren nicht mehr in der aktuellen Kollektion, und ich niedergeschlagen. Zumindest gab man mir die Artikelnummer und Bezeichnung und ich konnte online auf die Jagt gehen.
Für rund 50,- Euro bekam ich sie schließlich auf Ebay. Du glaubst gar nicht, wie froh ich war, auch wenn es damals sehr viel Geld für mich war (auch heute noch, ich gebe ungern mehr als 30-40 Euro für Turnschuhe aus).
Doch anstatt sie dann auch zu tragen, blieben sie im trockenen, zu Hause. Ich traute mich nicht, sie in der Schule zu tragen, denn ich wollte ja keine Nachmacherin sein, und hatte Angst vor blöden Kommentaren meiner Mitschüler.

Heute weiß ich leider, wie dumm das von mir war. Ohne die Schuhe war ich auch nicht so cool wie du, und ich wollte auch mal auffallen, weil ich coole Sachen trage.
Heute lache ich über diesen Wunsch, damals hat es mich betrübt so zu sein, wie ich bin, und nicht wie du.
Wie gerne würde ich dir das heute erzählen und ich wäre gespannt auf deine Reaktion. Vermutlich warst du damals auch so unsicher wie ich und wir hätten uns gut zusammen tun können. Das werden wir leider nicht mehr erfahren. Ich wüsste nicht einmal wo du heute wohnst.

Mich hat es nach dem Abitur an die Uni verschlagen. Ich hätte mich großartig fühlen können, es soweit geschafft zu haben. Meine Noten waren gut, und selbst in Stochastik habe ich mich wacker geschlagen.
Aber nur weil man an der großen Universität gelandet ist, heißt das nicht zwangsläufig, dass man sich auch groß(artig) fühlt. Mein Selbstbewusstsein war nicht mitgewachsen. Im Gegenteil, nach drei mehr oder weniger erfolgreichen Semestern musste ich für mich feststellen, die falsche Studienwahl getroffen zu haben. Gefühlte 2/3 meiner Kommilitonen waren eh die Schlausten und die Besten, weil sie schon fast einen eigenen Hof hatten, und sie nur noch ein paar Semester an der Uni verbringen müssen und sich bei den Mädels beliebt zu machen, damit dann mit dem Bachelorabschluss auch die Frau auf dem Hof einkehren kann. Ja, heute weiß ich, aus den Agrarwissenschaften und mir sollte keine Freundschaft entstehen.
Und um dann noch mal zu den Schuhen zu kommen. Eines Tages trug ich sie an der Uni, und als ich mit ein paar Kommilitonen auf den Weg in den Chemiehörsaal war, fielen einen meine Sneakers auf. „Wa, was is dat denn? Was sind das denn für komische Treter?!“
Du kannst die denken, was mit den Schuhen passiert ist. Sie befanden sich ab dem Tag wieder im Schuhschrank. Ich bekam nie wieder sonderlich große Lust sie auszuführen. Bis ich mich vor einiger Zeit von meinen langweiligen schwarzen Turnschuhen trennen musste. Sie waren nicht nur kaputt, sondern stanken schon zum Himmel…
Ich musste sofort wieder an die Worte dieses blöden Kommilitonen denken, und noch viel mehr an mein blödes Verhalten. Warum habe ich sie wegen seiner Aussage nur nicht mehr getragen? Wie konnte so jemand, den ich nicht einmal mochte, so eine Gewalt über mich erlauben? Es ging schließlich nur um Schuhe, und seine Meinung schien mir so wichtig, als das er mit dieser Aussage meine ganze Persönlichkeit in Frage gestellt hätte – oder wenigstens meinen Verstand. „Wie kann man denn so wat tragen!?“
Ich war kurz ernsthaft wütend über all das. Aber dann musste ich schon lachen. Ich habe mich sehr Verändert in der Zeit darauf. Habe den Sprung von der Universität geschafft und eine Zeit nur nebenbei am Wochenende gejobbt. Einen anstrengenden und nerven kostenden Zeitabschnitt hinter mich gebracht und von wollte nur noch von zu Hause ausziehen. Der Druck war so groß, dass ich mich auch wieder in meinem alten Ausbildungsberuf beworben hatte. Gleichzeitig auch erneut an der Fachhochschule.
Direkt nach dem Abitur hatte ich dafür eine Absage bekommen und ich habe den Kopf in den Sand gesteckt und mich in das Agrarstudium gestützt.

Heute, bin ich fast am Ende meines Wunschstudiums an der FH und denke nicht mehr so stark darüber nach, was andere Leute über mich denken, erst recht was die Meinung von Kommilitonen angeht, mit denen ich nicht einmal wirklichen Kontakt habe.
Und ich trage nicht nur meine geliebten Vans, ich trage noch viel „merkwürdigerer“ Stiefel. Und es geht mir gut dabei. Keine bodenlangen Röcke, die sie verstecken könnten. Ich trage meine Haare wie ich möchte und stehe zu der Musikrichtung die ich gerne höre. Zur Zeiten des Abiturs war das auch noch anders.
Worüber ich am meisten glücklich bin, ist die Tatsache, dass ich meine Meinung kundtun kann. Kundtun und vertreten. Ich stehe zu dem was ich sage, und wie ich Dinge sehe. Ich war zwar noch nie jemand der gerne Wendehals gespielt hat, aber so direkt wie heute war ich nie. Ich kenne meine Schwächen, aber auch meine Stärken. Ich weiß im Gegenzug zu vielen meiner jüngeren Kommilitonen wo meinen Kompetenzen enden und kann mich reflektieren. Leider setze ich das auch bei anderen als gegeben voraus und bin am Ende enttäuscht, wenn es mal wieder nicht so ist. Aber das lerne ich auch noch!
Heute bin ich wie du, Elena!

So wie die Elena, wie sie empfunden habe. Vielleicht hat es bei mir ein paar Jahre länger gedauert, als bei anderen, aber wer kann das schon mit Gewissheit sagen?
In Zukunft möchte ich anderen Menschen helfen, selbstbewusster durch das Leben zu gehen, und ihren eigenen Weg zu finden. In genau der Zeit, die es braucht. „Alles hat seine Zeit“ ist ein kluger Satz einer Freundin von mir. Und so kurz wie er auch ist, so viel Wahrheit steckt in ihm.
Das wichtigste ist am Ende, ob man glücklich mit sich selber (geworden) ist. Man kann es nicht der gesamten Menschheit recht machen, zuletzt mit dem „richtigen“ Schuhwerk an den Füßen. Es wird immer Menschen geben die mich nicht mögen werden. Sei es wegen Äußerlichkeiten wie der Haarfarbe oder einfach weil man eine eigene Meinung hat.
Selbstwertgefühl liegt nicht auf der Straße herum, aber man muss sich schon vor die Tür trauen, um es zu bekommen. Und ich verspreche dir, Elena, wenn wir uns doch mal wieder sehen, werde ich dir meine Geschichte erzählen, denn du bist ein Teil von mir. 

Dein Rotkehlchen 



 Hier seht ihr ein Foto besagter Vans :)